In seiner offenen Werkreihe kleinformatiger Ölmalereien nimmt Sebastian Schrader sich Künstler des 20. Jahrhunderts vor, die allesamt schon in die jüngere Kunstgeschichte eingeschrieben sind. Als Vorlagen verwendete er bekannte historische Fotografien. Einige davon haben beinahe selbst schon Ikonenstatus. Den Impuls, diese Serie zu beginnen, mag eine unterschwellige Frage gegeben haben: Wie verändert sich die Kunst und insbesondere ihre Wahrnehmung, wenn die Person des Künstlers, bzw. dessen Haltung wichtig wird?
Die Motive hat Schrader allerdings eher intuitiv und nach ästhetischen Kriterien ausgewählt. Der Künstlerpersönlichkeit selbst wurde dabei keine Bedeutung beigemessen; ein Bild ist ein Bild ist ein Bild. Das Bild verrät nichts über den oder die Abgebildeten. Sie werden anonym. Der Genrebegriff des Porträts trifft nicht mehr zu. Dennoch fallen einem charakterliche Zuschreibungen ein, wenn man die einzelnen Künstlerköpfe wiedererkennt. So galt beispielsweise Georgio Morandi als introvertierter Mensch. Ganz im Gegensatz dazu kann der Name Salvador Dalís kaum ausgesprochen werden, ohne dabei an dessen Zirkusdirektor-Attitüde zu denken. Ein großer Teil seines Erfolgs beruht zweifellos darauf, dass er seine Person in seine Kunst integriert, sie sogar darüber gestellt hat. Heute ist es fast selbstverständlich, dass Künstler sich selbst inszenieren und gezielt an der eigenen Marke und ihrem Branding arbeiten. Die Frage, ob Kunst sich selbst erklären muss oder vom Künstler erklärt werden soll, scheint damit schon beantwortet. Doch welche Auswirkungen hat dieses generelle Erklären, das vom Publikum heute oft erwartet wird? Macht es das eigentliche Ausdrucksmedium am Ende kraftlos?
Von Gerhard Richter gibt es eine Serie von Künstlerbildnissen ‚48 Porträts´ (1971/72). Alle haben das gleiche Format und sind als geschlossenes Ensemble vorgesehen. Er selbst sagte darüber „Ich interessiere mich für die sprachlose Sprache dieser Bilder. Köpfe werden, selbst wenn sie voller Literatur und Philosophie sind, ziemlich unliterarisch. Literatur ist ungültig; die Persönlichkeiten werden anonym. Das ist mir hier wichtig.“ Sebastian Schrader hat diese Form aufgegriffen. In Richters Tableau kommt jedoch kein bildender Künstler vor. Schrader blickt in seiner Werkgruppe also in sein eigenes Metier. Dabei bettet er die Konterfeis in seine derzeitige Art der Bildorganisation ein. Prägnant sind die dunklen teerigen Hintergründe und die zufällig scheinenden Kratzzeichnungen. Es sind spannende Bilder, denn sie führen ein Paradox vor: Die Verschmelzung von Werk und Person hilft einzuordnen und schafft Vertrautheit. Gleichzeitig nimmt sie dem Werk die Autonomie und stellt das Betrachten immer unter ein Vorzeichen. Es sind eigenständige Bilder, die der Anwesenheit des Künstlers im Grunde nicht bedürfen.