Claus G. Stabe hat das Genre Zeichnung veredelt – mit einfachstem Werkzeug. Er verhandelt die Linie – das Elementarteilchen des Mediums – auf virtuose Weise neu. Er addiert sie zu Flächen und erzielt ungewöhnliche Effekte; sie flimmern, glänzen und wogen im wandernden Betrachterblick und verführen die Vorstellung zu mystischen Illuminationen. Die Zeilengrafik entsteht mittels Kugelschreiber auf Papier. Durch modifizierten Andruck des Stiftes entstehen dichte und lichtere Zeilen, und wechselnde, sich überlagernde Tinten ergeben ein sublimes Kolorit. Die horizontalen Linien irisieren konkrete, verfremdete wie abstrakte Motive und hüllen sie in eine rätselhafte Aura. Eine verfeinerte Technik und größere Formate verschaffen der aktuellen Werkserie in »Plains of Paradise« eine Steigerung in Wirkung und künstlerischer Werthaltigkeit. So gelingen auch Klischeemotive wie Palmen, Mond und Sonnenuntergang, kräftige Farben bis zu popartigem Farbleuchten. Die erzielte Wirkung strahlt weit über das Medium, spielt mit dem Effekt von Glitches aus der digitalen Fotografie, assoziiert Schraffurlinien aus Kupferstich und Radierung oder Webmuster schwerer Stoffe, ahmt das Screenflimmern oder mystifizierend verunklarte Porträts nach den Fotodokumenten mediumistischer Telepathie nach. Sie erinnert an Schattenspiele, mikroskopische Aufnahmen von Gewebezellen oder an aquarellartige Verlaufsstrukturen. Die jeweils einzigartige Verbindung aus Motiv, Genre, Medium und dem Niveau der künstlerischen Umsetzung ermöglicht Stabes Zeilenmonolog vielfältige Erzähl- und Ausdrucksformen.