Zutiefst berührt von Landschaft und deren grandioser, stiller oder bizarrer Gegenwart arbeitet Clemens Tremmel in eindringlicher, impulsiver Malerei an einer persönlichen und zeitgemäßen Erfassung dieses großen Themas. Mit der Deutschen Romantik im Bewusstsein, reflektiert der Künstler sensibel bis brachial. Besonders die damals eigensinnige Haltung eines Caspar David Friedrich ist Tremmel eine sehr vertraute Lebenseinstellung.
Seine Sujets erscheinen allerdings fast selten, ohne dass sie gebrochen, gestört, derangiert, zerschlagen und zuweilen nahezu vernichtet wären auf Tafeln aus Aluminium. Diese werfen Licht zurück, spiegeln teilweise den Umraum und sind mitunter dramatisch demoliert. Das technisch konnotierte Material, u.a. omnipräsenter Werkstoff für moderne High-Tech-Produkte wirkt aber auch als Korrektiv zur Natürlichkeit der Bildthematik.
Eine Parallele hierzu lässt sich auch in der zeitgenössischen Wahrnehmungskultur beobachten, wo Naturerfahrungen offensichtlich eine zunehmende Rolle spielen. Interessanterweise zeigt sich dies gefiltert, reproduziert oder fantastisch sublimiert in unserer digitalen Parallelwelt. Als Wegmarke im zeitgeistigen Kollektivgedächtnis war das CGI - Spektakel „Avatar“ beispielgebend. Die computergenerierte bildgewaltige Überhöhung, unterlegt mit einer hochemotionalen Story hat mit Sicherheit zu einem erneuerten Bewusstsein für unsere Abhängigkeit von evolutionär gewachsenen, also natürlichen Ökosystemen und deren Schönheit beigetragen. Inzwischen ist das Echtzeit-Posting eigener real erfahrener Natureindrücke im Wald, auf Gebirgshöhen, an Meeresküsten etc. in den virtuellen Erlebnisraum nichtanwesender Personen wesentlicher Bestandteil eines aktiven Sozialverhaltens.
Ist das scheinbar wachsende Interesse für ,das Natürliche‘ eine Folge dieses digitalen Transfers, während ständiger medialer Konsum gleichzeitig Ermüdung und Überdruss erzeugt? Dafür würde auch der oft sehnsuchtsvoll romantisierende Umgang mit dem Begriff sprechen. Clemens Tremmel gibt sich aber mit visueller Anmutung nicht zufrieden. Er muss, ähnlich wie seinerzeit C.D. Friedrich nach Draußen. Ohne ein gänzliches, sinnliches Begreifen der Landschaft geht es nicht. Ein Landschaftsbild kann nur dann richtig gut sein, wenn es uns an real und intensiv Erlebtes erinnert und damit wechselwirkt. Daher ist Tremmel immer wieder auf ausgedehnten Reisen und Wanderungen unterwegs an Orte, die ihn anziehen.
Seine Malerei, die aus dieser Verinnerlichung hervorgeht, soll ebenso kompromißlos sein. Sie erhält ihre Eindringlichkeit erst durch Störung und Zerstörung und mittels der Gegenkomponente des blanken, industriell verarbeiteten Metalls. Ähnlich unbeirrbar gestalten Formung und Erosion die Oberfläche der Erde über Zeitalter hinweg unablässig neu. Durch natürliche Prozesse entstandene elegische oder überwältigende Landschaften sind erdgeschichtlich gesehen allerdings nur Momentaufnahmen, kleine Kostproben aus einem unendlichen Repertoire. Seine sprachlose Ergriffenheit von diesem Überfluss an schöpferischer Kraft ist gleichzeitig Impuls für Clemens Tremmels Arbeit. In Ausstellungen werden die Bilder oft selbst wieder zum Motiv oder Hintergrund flüchtig konsumierbarer digitaler Takes. Das Faszinosum Natur lebt offenbar auch von seinen Likes.