Schindeln über Schindeln, ein gekonntes Spiel mit dem Altmeisterlichen, manches in Grau, Fliegen, Vorhänge, auch Wurst, wimmerndes Holz, Grimassen in Gold, ein Vater, Tödlein mit Hexenschuss und eine Suppenschüssel aus der Zeit der Opulenz - die aktuelle Ausstellung von Sebastian Neeb ist gewohnt vielfältig und überraschend bis ins Detail. In einem Raum der Galerie hat der Künstler 118 kleine Keramikköpfchen installiert, welche alle, bis auf einen einzigen, vergoldet sind. Die Physiognomien sind immer individuell, mal grob, mal fein, mal tierisch, mal menschlich und auch oft irgendetwas dazwischen. Die Köpfchen gehören zu der Serie Dilettante Kartoffeln wetteifern um die Gunst des Vaters., welche als ständig wachsende Wandarbeit konzipiert ist. Gefertigt aus schwarzem Ton, unglasiert und nicht vergoldet steht der Vater im Zentrum dieser Installation. Die übrigen Köpfchen scheinen sich auf ihn zuzubewegen. Viele grimassieren, lachen und wirken, als versuchten sie in der Masse aufzufallen, um ihre Individualität unter Beweis zu stellen. Einige wenige hingegen wirken desillusioniert oder gar verängstigt. Betrachtet man diese Wandarbeit, tun sich mehrere mögliche Lesarten auf und Begriffe wie Narzissmus, Anerkennung, Selbstdarstellung und Aufmerksamkeitsökonomie können einem in den Sinn kommen. Unbeeindruckt von diesem, sie umgebendem, goldenen Gewimmel, stehen zwei Keramik-Tödlein mit Hexenschuss und scheinen vertieft in ein Zwiegespräch über ihr Leid. Blickt man auf Sebastian Neebs Beschäftigung mit der Frage, welchen Dingen und Handlungen wir im Leben Relevanz zuweisen, dann ist es sicher kein Zufall, dass gerade zwei Tödlein sich hier im Austausch befinden. Alle anderen Dargestellten in der Ausstellung sind hingegen damit beschäftigt, sich selbst zu inszenieren oder sich zurückzuziehen. So auch in der neuen Werkgruppe Geschindel und Gewrangel, die hier erstmals präsentiert wird. Die Arbeiten zeigen Malereien eingefasst in den Ausschnitt einer Schindelwand. Es sind Objekte, die wie Behausungen wirken, in denen das Dargestellte sich zurückgezogen und verbarrikadiert hat. Die Schindeln verorten es ins Private, ins Heimische. Hier frönen die Protagonisten ihren Leidenschaften. Man erhält nur einen kurzen Einblick in diese oft absurd anmutenden Szenerien, wie dem Wettstreit mit einer Stubenfliege. Sebastian Neeb erfindet ein Paralleluniversum und "Stare off with a Fly" scheint hier das neuste Ding zu sein, an dem niemand mehr vorbei kommt, nachdem sich zuvor alle dem Sammeln von Würsten verschrieben hatten. Es gilt: "Wer blinzelt, verliert!"
Die Antwort auf die Frage, ob man einen solchen Wettstreit gewinnen kann, scheint klar, die Fliege hat keine Augenlider und blinzelt folglich auch nicht. Aber - man könnte sie überleben, ihr Dahinscheiden als Aufgabe interpretieren und so den Sieg davon tragen. Nun ist es nicht sonderlich wahrscheinlich, dass die Fliege ihr Lebenslicht gerade in dem Moment aushaucht, in dem wir uns mit ihr duellieren. Doch die minimale Chance, dass eben dieses gegen alle Wahrscheinlichkeit eintritt, lässt die Protagonisten in Neebs Arbeiten immer wieder aufs neue den Wettstreit suchen. "Stare off with a Fly" ist ein Sinnbild für genau die Absurditäten und Handlungen, denen wir viel Zeit opfern, deren Mehrwert aber fraglich ist. Doch vielleicht sind die kleinen, Münzen gleichen Keramikfratzen, die wie Emojis zuweilen auf den Schindel platziert sind, ja Lohn genug. In unserem Universum gilt diese Währung ja auch.