Steffen Junghans agiert mit seinem fotografischen Werk von jeher gegen das Blendwerk der Klarheit. Dafür bietet er an, sich auf das sinnliche Bedenken von Ungewissheiten einzulassen. Willkürlich greift er um sich nach neuen Stoffen und Objekten, um auf den großformatigen Fotografien (in analoger Technik) zu zeigen, dass der erste Blick ein träger Lügner ist. Junghans schafft in seinen Inszenierungen eine Wirklichkeit, die nur für den Moment vor der Kamera existiert. Unzählige Versuche sind nötig, um die Fiktion im Bild zu verwirklichen. Standort, Licht, Requisiten, Modell – alles im Bild ist die Manifestation der Idee. Wenn Junghans seine Arbeitsweise in der Tradition der frühen Lichtbildner begreift – der Moment der Aufnahme legt das Bild fest, das Einschreiben des Lichts in das Negativ ist endgültig und als ein irreversibler und einzigartiger Vorgang aufzufassen – dann ist die analoge Arbeitsweise insofern von Bedeutung, als dass sie im späteren Sehen der Bilder stereotyp mitgedacht wird und andererseits als neuer Gedanke bereits in Vergessenheit geraten ist. Die hochgradig selbstreflektierende Arbeitsweise bezieht sich vor allem auf die Bestandsaufnahme des Geltungs- und Grenzbereichs von künstlerischer Fotografie. Was ist abbildbar, was ist Fiktion? Wo wird gezeigt, wo erzählt? Und sie führt weiter zur Frage nach der Art des Unterschieds zwischen (ästhetisch künstlerischer) Fotografie und (fotorealistischer) Malerei – ist es ein gradueller oder ein prinzipieller? Junghans’ Motive sind keine Abbilder von Realem. Sie beschreiben Versuche einer Annäherung an Wirklichkeit und sie schlagen Möglichkeiten vor, die visuelle Vermittlung von Gedanken zu erproben. Andererseits verhandeln sie die Unmöglichkeit einer enzyklopädischen Dokumentation von Realität. Eine (end-)gültige Abbildung der Gegenwart ist nicht möglich. Hier setzt die Serie »Kapitulation« (I, II, III) an. Was ist also Ziel der Arbeit des zeitgemäßen Fotografen? Die Antwortversuche eröffnen wiederum neue Anlässe zur Fotografie, die sie der Malerei voraus hat. Die Serie der »Bildnisse« referiert sowohl Erfahrungen wie Fiktionen. Um der „Realitätsfalle“ zu entkommen, sind die Motive von Junghans so aufgefasst, dass sie den Wirklichkeitssinn durchbrechen. Diese Spannung zwischen Abbild und Inszenierung provoziert die Reflexionen über heutige Fotografie, wenn sie zur Kunst wird.
1963 in Leipzig geboren 1980 - 1983 Lehre 1992 - 1995 freier Bildreporter 1994 - 2001 Studium der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) Leipzig bei Prof. Timm Rautert und Prof. Dr. Christoph Türcke 2001 Diplom Steffen Junghans lebt und arbeitet in Leipzig.